Das Blaue vom Himmel – Radau

– Eine CD-Besprechung von Matthias Meyer-Göllner –

"Das Blaue vom Himmel" von Radau

„Das Blaue vom Himmel“ von Radau

Viel Kindermusik ist in meinem bisherigen Leben an mein Ohr gedrungen. Soviel, dass die Konzentration beim Zuhören bei einigen Produktionen nicht immer bis zum Ende gleichbleibend hoch ist. Bei einigen denke ich: Die musst du später noch mal hören, was dann meistens leider nicht geschieht.

Einige höre ich mir aber öfter an, wenn sie mich ansprechen und wenn ich spüre, dass da etwas mehr dahintersteckt. Das eine CD richtig gut ist, merke ich daran, dass ich neidisch werde, denke: Warum habe ich so was noch nicht gemacht? Das geht mir allerdings selten so. Die Bespiele kann ich wahrscheinlich an einer Hand abzählen. Jetzt brauche ich einen Finger mehr.

Herausragend: die brillanten Radauchorgesänge

Um es gleich vorweg zu sagen: „Das Blaue vom Himmel“ von Radau ist für mich ein Kindermusik-Meilenstein. Sowas habe ich bisher noch nie gehört. Da stimmt einfach alles: Von den Ideen für die Songs, über die Kompositionen und Texte, bis zu den Arrangements und schließlich der Produktion.

Herausragend – wie eigentlich schon immer – sind die brillanten Radauchorgesänge. Ob scharf wie eine Säbelschneide bei „Tanz! Tanz!“ oder klar und in die Ferne weisend wie beim „Flohmarkt“ (wobei ich über diesen Widerspruch bei dem Lied beim ersten Hören lachen musste), die Gesangssätze sind das, was ich bei Radau am meisten mag. Und sie passen sehr gut zu den Songs.

Hoffen auf die Rehabilitation der Blockflöte

Dabei sind die Songs sehr abwechslungsreich. Immer wieder für Überraschungen (Akkordeon!) gut. Hinter jedem Track verbirgt sich eine neue Wendung, man merkt, dass Radau noch aus der „Albumgeneration“ stammt, die ein Gesamtkunstwerk im Sinn hat. Und der interessierte Beobachter vermerkt schmunzelnd, dass aus dem „Rockmusik für Kinder“ auf dem Cover inzwischen das „Rock“ verschwunden ist. Würde auch die Musik zu sehr einengen, sie ist viel mehr. Und ich hoffe jetzt eigentlich auch bald auf die Rehabilitation der Blockflöte…

Die Songthemen lassen die alten Klischeekinderliedthemen weitgehend hinter sich (mit einigen klitzekleinen Ausnahmen) und die „Erstchef!“-Idee finde ich fantastisch – vor allem in der Ausführung mit dem „Chef“-Boostchor. Hier wird eine kleine „Bestimmer-Hirarchie“ besungen, wie sie auf dem Spielplatz oder im Kinderzimmer durchaus vorstellbar ist.

Ein Versprechen, was Kinderlieder heute sein können und sollen

Außerdem ganz vorne mit dabei: „Überraschung“ und „In Wirklichkeit“. Um nicht nur alles abzujubeln: Das Indianerlied passt da nicht so ganz rein, ist auch ein schöner Song, wirkt inhaltlich aber sehr konventionell im Vergleich zum restlichen Material (hejaja…). Die Arrangements sind schön transparent – der Anfang von „Verboten“ hat mich umgehauen. Und dann kommen die schönen Gesangssätze und tragen dich in eine andere Welt… in die des Songs.

Die Texte sind gut und sorgfältig gemacht, der Wortspielfreund kommt auch auf seine Kosten („seltsame Vorgänge ließen die Vorhänge weh’n“ hat mir Spaß gemacht). Allerdings würde ich über die ein oder andere Textzeile gerne eingehender sprechen: „Irgendwas Verbotenes mach ich jeden Tag“ zum Beispiel, klingt so`n bisschen nach Anarcho-Romatik…

„Das Blaue vom Himmel“ entschädigt dafür wieder und das nicht nur, weil hier viele Liedermacherkollegen mitgewirkt haben: Es klingt wie ein Versprechen, was Kinderlieder heute sein können und sollen. Und das ist Radau in diesem Fall wirklich gelungen.

LINK:

www.radau-online.de

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