Bunt sind schon die Lieder – Lieblingslieder im Herbst

– Ein Text von Matthias Meyer-Göllner –

Kann 'ne feuchte Angelegenheit sein: Open-Air im Herbst!

Kann ’ne feuchte Angelegenheit sein: Open-Air im Herbst!

Was hat ein Frankfurter Liedermacher mit einem Bielefelder Punkrocker gemeinsam? Außer der Tatsache, dass sie beide Musik für Kinder machen?
Sie lieben dasselbe Herbstlied. Ende des 18. Jahrhunderts wurde es bereits verfasst, hatte zunächst sieben Strophen, heute singen die meisten noch vier. Frei memorieren könnte ich höchstens die erste:
Bunt sind schon die Wälder/ gelb die Stoppelfelder/ und der Herbst beginnt! Rote Blätter fallen/ graue Nebel wallen/ kühler weht der Wind.“ Wenn später flinke Träger um die purpurfarbig strahlenden Trauben springen und junge Winzerinnen frohen Erntetanz beginnen, werden viele vermutlich auf das Textbuch zurückgreifen müssen – oder noch mal beim Frankfurter Ferri oder Jochen Vahle in Bielefeld nachfragen.

Obwohl das Lied mit seinem prallen, fröhlichen Text optimistisch scheint, habe ich es eher getragen melancholisch im Ohr. Als wäre diese große Erntefreude etwas, das sich ganz schnell in trübe Düsternis verwandeln könnte, die am Horizont droht. Ist das unser Herbstgefühl? Fröhlich, aber doch melancholisch? Und drückt sich das auch in unseren Liedern aus? Ich beschließe, mich weiter auf die Suche zu machen nach der Herbstmelancholie in unseren Kinderliedern.

Und dazu frage ich doch am besten die Kollegen. Welches ist euer liebstes Herbstlied? Schickt es mir, die Zeit ist reif dafür, denn der Wind treibt Regen übers Land, nicht nur, wenn ich „Hejo, spann den Wagen an“ anstimme. Das ist auch schon das erste Lieblingsherbstlied von Birte Reuver (Hoppla!) aus Hamburg und es treibt zunehmende Wolkendichte über die erntenden Bauern. Als Kind habe ich es lange für ein Nikolauslied gehalten, weil ich hartnäckig „Hol die goldnen Gaben!“ gesungen habe.

Herbstmelancholie finde ich auch beim Favoriten von Geraldino: „Wenn der Herbst kommt“. Mit diesem Song besingen Julianes Wilde Bande die dritte Jahreszeit und der Rhodes-Sound in Verbindung mit Julianes Stimme hat es Geraldino angetan und erwärmt ihn an kühler werdenden Tagen.

Aber es gibt auch den fröhlichen Herbst, der den nahenden Winter sozusagen verleugnet, wie in dem von Wolfgang Hering bevorzugten „Der Herbst ist da“, an dem er die Kürze, in der alles gesagt wird, schätzt. „Hei hussassa“ haben dazu bestimmt viele in Erinnerung, „schüttelt ab die Blätter, bringt uns Regenwetter“.

In der Version der Gruppe SPUNK verschattet sich diese pure Fröhlichkeit schon wieder und verpackt die fröhlichen Herbstspiele in ein „Mollgefühl“. Außerdem werden in diesem Song, der mit dem traditionellen Lied nur den Titel gemeinsam hat, die Bilder neu belebt („die Felder werden stachlig wie Igelfell“). Deswegen liebt und singt Beate Lambert dieses Lied schon sehr lange.

Ganz fröhlich singt Cattu „Ich fange alle Blätter ein“, das Beate Tarrach (Leichtfuß und Liederliesel) wegen seiner wunderschönen Melodie liebt. Und Cattu liebt, was er selbst gesungen hat (nun ja, das geht uns wahrscheinlich allen mehr oder weniger so) und dazu zählt das Lied „Regen“ von Wilfried Behrendt und Manfred Grote. Vor allem liebt er es, weil er sich den Inhalt folgender Zeilen so gut vorstellen kann:

Lieder, Blätter, Wälder: Im Herbst alle bunt.

Lieder, Blätter, Wälder: Im Herbst alle bunt.

„Regen Regen plätschert in den Bach
Regen Regen macht die Rehe wach
Regen Regen weckt auch Maus und Has‘
Regen, Regen, welch ein Riesenspaß“

Neben dem hier beschworenen Regen bringt der Herbst auch andere Naturgewalten mit sich, und ohne den Wind findet Horst Großnick den Herbst langweilig. Das jedenfalls behauptet er in seinem Lied „Herbstwind“, das er für seine Schülerband Fidibus geschrieben hat. Es ist auf jeden Fall das absolute Lieblingsherbstlied vom kleinen Klaus der Löffelpiraten: „Weil es so schön ist“.

Was genau „Das Marktlied“ von Fredrik Vahle mit dem Herbst zu tun hat, weiß ich nicht, aber der große Klaus – der zweite von den Löffelpiraten – hat es auf die Frage nach dem Lieblingsherbstlied genannt. Und auch gleich eine neue Strophe vorgeschlagen:

„Wenn ich zum Markt geh, dann kauf ich Dir ein iPhone
und das soll Dich jeden morgen wecken… und das I Phone macht …“

Wie das iPhone macht, werden wir bestimmt noch herausfinden, viele kennen das ja zumindest von ihren Kindern (und Enkeln). Vielleicht macht das iPhone im Herbst ja auch besondere Geräusche? Da gibt es doch bestimmt eine wunderschöne Herbstgeräusche-App und so bekommt dieser skurrile Vorschlag schon fast gesellschaftspolitische Dimensionen.

Apropos skurril: Ich erkläre „Sommer ist vorbei“ von Erwin Grosche zu meinem Lieblingsherbstlied, denn es enthält folgende schöne Zeile:

„Bauern fahr’n das Korn ein,
mähen ihre Felder,
willst du mit mir vorn sein,
werd Bewegungsmelder.“

Ich wünsche euch allen Pfirsiche mit Streifen, bunte Bänder auf Strohhüten und in der Abendröte manchen schönen Flötenton, also einen fröhlichen Füllhorn-Herbst mit genug Wehmut für das Vergangene und viel Sehnsucht auf das Kommende. Und natürlich voll wunderbarer Kinderlieder, denn das ist nun nicht mehr zu leugnen: Hei hussasa – Der Herbst ist da!

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