2 mal 3 Fragen an … Robert Metcalf

ROBERT METCALF wurde 1947 im englischen Birmingham geboren. Seit 1973 lebt er in Deutschland und gab 1990 seine Arbeit in einer Beratungsstelle für Drogenabhängige auf, um freiberuflich als Liedermacher und Songwriter tätig zu werden, speziell im Bereich Kinderlied. Sein Erkennungsmerkmal: eine schwarze Melone. Nach Auftritten im Radio und Fernsehen in den Neunzigerjahren folgten zunehmend Live-Konzerte in Solo-, Duo- oder Bandbesetzung. Robert Metcalf hat inzwischen zahlreiche eigene CDs veröffentlicht, in deutscher und auch in seiner englischen Muttersprache. Seit 2007 ist er regelmäßig bei der „Sendung mit dem Elefanten“ (Kinderkanal) zu sehen. In den letzten Jahren tritt er zunehmend – vor allem mit seinem zweisprachigen Abendprogramm „Englishman in Berlin“ – wieder vor einem Erwachsenenpublikum auf.

– Fragen von Matthias Meyer-Göllner –

Robert Metcalf

Robert Metcalf

Was macht aus deiner Sicht ein Lied zum Kinderlied?

Robert Metcalf: Darf ich ehrlich sein?

Matthias Meyer-Göllner: Du darfst!

Metcalf: Es gibt Fragen, die ich hasse, weil ich sie nicht beantworten kann. Erinnert mich an die Frage: Ist es Kunst oder kann es weg? Da kann man lang und breit darüber reden – und ist am Ende nicht klüger. Next question, please.

Welches Kinderlied gefällt dir besonders gut und warum?

Metcalf: Darf ich nostalgisch werden?

Meyer-Göllner: Auch erlaubt!

Metcalf: Das Lied erschien 1955, also in meiner Kindheit, und hieß „The Man from Laramie“. Ich hörte das Lied immer wieder, obwohl ich nicht mal die Hälfte verstand, und habe mich mit meinem Bruder ständig über eine Textzeile gestritten: Hieß es „history“ oder „mystery“? Der Song wurde überhaupt nicht als Kinderlied konzipiert, was für fast alle Lieder damals zutraf, die wir Kinder gehört und geliebt haben. (Die letzten Sätze erklären zum Teil meine Schwierigkeiten mit deiner ersten Frage). Für andere Nostalgiker: Hört und seht euch die Originalfassung an, am besten mit der Decca Label-Abbildung – und genießt das Knistern der 78 RPM-Platte!

Warum bist du ein guter Kinderlied-Erfinder?

Metcalf: Ich muss ein Geheimnis verraten …

Meyer-Göllner: Nur zu!

Metcalf: Manchmal bin ich ein schlechter Kinderlied-Erfinder. Ich habe Schränke voll von richtig schlechten Kinderliedern, alle von mir geschrieben. So viele schlechte Kinderlieder auf einem Haufen kannst du dir nicht vorstellen. Aber gelegentlich erfinde ich ein gutes Lied. Und wenn in diesem Moment jemand mich fragen würde, warum ich ein guter Kinderlied-Erfinder bin, würde ich wahrscheinlich antworten: Hab gerade einen guten Draht nach oben.

Du hast verschiedene Berufe in deinem Leben ausgeübt. Ist Kinderliedermacher für dich der schönste?

Der ist auf jeden Fall kreativer als Buchhalter (mein erster Beruf). Und als Jurist (mein zweiter Berufsversuch) hätte ich auf Dauer weniger zum Lachen gehabt. Im dritten Berufsleben war ich Sozialarbeiter, aber nach zehn Jahren mit Alkohol- und Drogenabhängigen war ich selber fix und fertig … Das waren die Hauptberufe, und ein paar Nebenberufe kamen hinzu. Also zu viele Berufe für ein einziges Leben. Aber irgendwann kam die Berufung! Die ist anstrengender, aber für mich eindeutig befriedigender als die anderen Tätigkeiten.

Was hältst du vom Fernsehen als Medium zur Verbreitung von Kinderliedern?

Metcalf: Darf ich wieder nostalgisch werden?

Meyer-Göllner: Du darfst!

Metcalf: Als Kind habe ich Lieder ausschließlich im Radio oder von einem Plattenspieler gehört, was mich wahrscheinlich zu einem „Ohren“-Menschen gemacht hat. Als später in der Popmusik die ersten Clips aufkamen, war ich schwer empört: Da wollten Leute mir Bilder vorsetzen, während ich Songs hörte! (Denn bei „Ohren“-Menschen entstehen die eigenen Bilder im Kopf und nicht fremdbestimmt auf dem Bildschirm). Das Zeitalter der „Augen“-Menschen brach auf uns herein und es hat lange gedauert, bis ich das akzeptieren konnte.

„Lieder werden Kindern heutzutage häufig gleich mit Bildern serviert“

Lieder haben heute eine andere Funktion und einen anderen Stellenwert als damals – für Kinder und Erwachsene. Schade eigentlich. Aber: You can´t turn back the clock. Ob TV oder YouTube, Lieder werden den Kindern heutzutage häufig gleich mit Bildern serviert – damit müssen wir Ohren-Menschen leben. Außerdem besagt eine Pädagogen-Wahrheit: Kinder muss man abholen, wo sie gerade sitzen … (o.ä.). Deine Frage ist jedenfalls interessant und ich könnte noch lange darüber sinnieren …Mir ist sogar gerade Stoff für ein optimistisches Lied eingefallen. Ich weiß, wie es heißen wird: „The Lied goes on.“

Kannst du dir vorstellen, dass Lieder von dir noch in 150 Jahren gesungen werden? Und wenn ja, welche?

Metcalf: Du meinst also im Jahr 2165? Also ausgeschlossen ist es nicht! Denn die Bevölkerung in Deutschland wird bekanntlich immer älter – und dann wird es möglicherweise so kommen:

Sagen wir mal, ich werde ab jetzt noch zehn Jahre Lieder von mir geben. Dann sind wir im Jahr 2025 und meine CD „Ich bin eins – das ist meins!“-

Meyer-Göllner: Das Werk ist mir bekannt …

„Vielleicht werden Omas und Opas im Jahr 2165 eins meiner Lieder trällern“

Metcalf: … stimmt, du hast sie auch sehr nett rezensiert! Jedenfalls diese oder eine andere CD von mir wird 2025, sagen wir mal, in einer Krippe in Berlin-Schöneberg aus einem CD-Player erklingen. Und eine Handvoll von den dann Einjährigen, die zufällig herumkrabbeln oder mit Laufenlernen beschäftigt sind, hören unbewusst die Lieder. Und diese lieben Kleinen werden als 141-jährige Omas und Opas (vielleicht in einem dementen Zustand, aber vielleicht mit klarem Verstand) Lieder aus ihrer Kindheit trällern. Und eins von mir wird möglicherweise dabei sein.

Meyer-Göllner: Interessante These. Und welche deiner Lieder werden sie dann singen, diese Greise?

Metcalf: Vielleicht „Ich bin eine Feder“ – kennt aber nicht jeder.

Meyer-Göllner: Das war ein gelungener Reim.

Metcalf: Ich wollte das Interview mit ein bisschen Kunst beenden.

Meyer-Göllner: Das ist dir gelungen! Na, dann vielen Dank für das Gespräch.

Metcalf: Gern geschehen! Ich hätte aber eine Frage an dich.

Meyer-Göllner: Die wäre?

Metcalf: Was macht aus deiner Sicht ein Lied zum Kinderlied?

Link:

www.robert-metcalf.de

 

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