2 mal 3 Fragen an … Nikolaj Abramson

Sein erstes Kind führte ihn zur Kindermusik. Nikolaj Abramson ist ausgebildeter Klarinettist der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin. Er brauchte dringend eine wirksame Einschlafmusik und wählte die Klassik, da man dabei, so seine Erfahrung als Orchestermusiker in verschiedenen klassischen Ensembles, offensichtlich sehr gut einschlafen kann. Abramson ist sowohl Solo als auch mit seinem Ensemble Trio NeuKlang bereits mehrfach ausgezeichnet worden und widmet sich inzwischen auch der Jazzmusik für Kinder. Der 1977 in Moskau geborene Musiker lebt und arbeitet als Lehrkraft im Bereich der musikalischen Grundausbildung in Berlin und hat mittlerweile noch zwei weitere Kinder, die dank seiner Schlafmusik-CD jetzt prima einschlafen können. Seine ersten beiden Alben überzeugen durch rein instrumentelle Arrangements.

– Fragen von Anders Orth –

Trio Neuklang | Photo: Marco Borggreve (all rights reserved)

Was macht aus deiner Sicht ein Lied zum Kinderlied?

Als Papa und als Musiklehrer finde ich, gute Kinderlieder sind Lieder, die Kinder ansprechen und die Kinder gern hören. Besonders einfach ist das für Lieder mit kindgerechten, lustigen Texten oder Bewegungen. Aus meiner Sicht leben gute Kinderlieder vor allem von schönen und eingängigen Melodien und Rhythmen, die sich einfach nachsingen lassen.

Nicht umsonst gibt es viele bekannte Kinderlieder, denen die gleiche Melodie zu Grunde liegt, wie „Backe, backe Kuchen“ und „Hoppe, hoppe, Reiter“ – oder auch „Bruder Jakob“, das in so vielen Sprachen und Ländern gesungen wird. Man kann also zu dem Schluss kommen, dass die Melodien wesentlich für die erfolgreiche Verbreitung dieser Lieder sind. Hier merkt man mir wohl meinen Hintergrund als klassischer Musiker an…

Welches Kinderlied gefällt dir besonders gut und warum?

Musik spricht mich, wie viele andere sicherlich auch, in erster Linie über ihre Melodie an. Deshalb gefallen mir Lieder wie „Leise rieselt der Schnee“ oder „Der Mond ist aufgegangen“ sehr gut: Ich mag die ruhige und gemütliche Stimmung, die die Lieder vermitteln. Auch die Ohrwurm-Qualität ist beträchtlich: Wenn man den Titel liest, hat man sofort die Sprachmelodie und Betonung der Lieder im Kopf.

Warum bist du ein guter Kinderlied-Erfinder?

Tatsächlich bin ich niemand, der neue Kinderlieder erfindet, sondern jemand, der Kinderlieder neu erfindet. Klassische, deutsche Kinderlieder sind mir von Hause aus gar nicht so vertraut: Ich bin in Moskau groß geworden und auf unserem Plattenspieler lief immer klassische Musik wie Schwanensee und Nussknacker. Das waren meine „Kinderlieder“.

Als ich dann in Berlin als Musiklehrer für Kinder arbeitete, lernte ich erst gemeinsam mit meinen Schülern die typischen deutschen Kinderlieder kennen. Und während ich meine Schüler am Klavier begleitete, schlichen sich ganz von selbst auch immer wieder Improvisationen und Anlehnungen aus klassischen Stücken ein. So entstanden mit der Zeit meine neu erfundenen Kinderlieder als Crossover aus Kinderliedern und erwachseneren Musikrichtungen.

Du bist von Hause aus klassischer Musiker und gibst mit deinem Trio NeuKlang Konzerte. Warum hast du dich entschlossen Kindermusik zu machen?

Seit 20 Jahren arbeite ich ja auch als Musiklehrer, habe mich also als Erwachsener schon lange mit Kindermusik und musikalischer Erziehung beschäftigt. Den entscheidenden Impuls, eigene Kindermusik zu machen und damit eine CD aufzunehmen, gab mir die Geburt meiner Kinder.

„Endlich Schlaflieder, die mich nicht nerven!“

Ich habe keine Schlaflieder gefunden, die meinen Sohn zum Schlafen brachten, ohne mich nach dem gefühlt hundertsten Mal Hören zu nerven. Als dann unser zweites Kind zur Welt kam – und damit die Aussicht auf eine Wiederholung der schlaflosen Nächte – war das der Anstoß für meine erste Kindermusik-CD „Schlaf, Mozart, schlaf“.

Ohne mich jetzt selbst zu sehr loben zu wollen, aber Kind Nr. 2 und Nr. 3 legen sich zu dieser Musik gern ins Bett und schlafen dann allein ein.

Was ist das Besondere an deiner eben erwähnten Schlaflieder-CD?

Aus eigener Erfahrung ist es mir wichtig, dass die Schlafmusik sowohl für Kinder als auch für Erwachsene geeignet ist und man diese abends gemeinsam hören kann, 365 Tage im Jahr.

„Klassische Musik lädt zum Schlafen ein.“

Weil klassische Musik für mich persönlich mit schönen Kindheits- und Erwachsenen-Erinnerungen verbunden ist, wollte ich das Gleiche auch für meine Kinder schaffen. Deswegen habe ich auf meiner Schlafmusik-CD „Schlaf, Mozart, Schlaf“ neben traditionellen, deutschen Schlafliedern auch berühmte, getragene Werke von Mozart, Beethoven und anderen klassischen Komponisten aufgenommen. Die jazzigen, teils melancholischen Klavierstücke sind sehr langsam und schlicht arrangiert, um eine beruhigende Stimmung zu erzeugen. Klassische Musik eignet sich ja grundsätzlich bestens zum Einschlafen – wer schon mal in einem längeren Konzert war, weiß wovon ich rede…

Du verbindest in deiner Musik Kinderlieder mit Klassik und Jazz. Beschreib doch mal, was du da genau machst.

Bei meiner ersten CD wechselten sich die Kinderlieder mit den klassischen Musikstücken ab, leicht angejazzt. Bei meiner aktuellen CD „A little Jazz Music“ bin ich dagegen einen Schritt weiter gegangen und verschmelze in einem Lied mehrere Stücke miteinander. So schwimmen z.B. „Alle meine Entchen“ auf dem „Schwanensee“ und der „Vogelfänger“ aus Mozarts Zauberflöte ist ein Gast auf der „Vogelhochzeit“.

„Ich war selbst überrascht, wie abwechslungsreich Arrangements mit nur drei Instrumenten sein können.“

Ich bin auch etwas freier mit den Themen und Motiven der Originale umgegangen. Manches erkennt man sehr schnell, bei anderen Liedern muss man schon genauer zuhören, um da das Originalstück zu erkennen. Vieles ist improvisiert. Ich war selbst auch überrascht, was für eine abwechslungsreiche Musik eine klassische Jazz-Trio-Besetzung aus Klavier, Kontrabass und Schlagzeug schaffen kann: Mal findet sich Wiener Klassik von Wolfgang Amadeus Mozart, mal die Jazz-Trompete von Louis Armstrong, mal ein Tango von Astor Piazzolla und manchmal sogar Balkan Beats – alles unter dem Stern der Kinderlieder.

Und dabei klingt die CD sehr rund, ist leicht und unterhaltsam. Es hat mir selbst einen Riesenspaß gemacht, die thematischen und musikalischen Parallelen in Kinderliedern, Klassik und Jazz zu suchen und diese verschiedenen Musik-Welten miteinander zu vereinen.

 

LINK:

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